Born to die in Berlin(Marathon)

Als Hörempfehlung zu diesem Blogbeitrag empfehlen wir Ihnen einen gut durchgezogenen Ramones Titel.

Sometimes I feel like screaming
Sometimes I feel I just can’t win
Sometimes I feelin‘ my soul is as restless as the wind
Maybe I was born to die in Berlin(Marathon)

Frei nach dem leicht abgeänderten Liedzitat geht es heute also frisch, fromm, fröhlich und auch frei um meinen Versuch, den besten schlecht vorbereiteten Marathon zu laufen, und zwar in Berlin. Also quasi meinen 2015er Laufversuch nochmals zu optimieren… in welcher Hinsicht auch immer.

Marathon der Emotionen

Der Berlin Marathon hat seine eigenen Gesetze in vielerlei Hinsicht. Folgt man einer laufsportverrückten Timeline, besagt eines der Gesetze, dass rund um das Wochenende eine wuselige Hektik, gepaart mit verklärter Laufromantik, aus vielen Tweets nur so trieft.

Damit werden die sozialen Medien quasi zum Honeypot für meldewillige Ausdauerfutzis. Woher dieser Zauber kommt, ich hab doch keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich nun schon das dritte mal darauf reingefallen bin und das zweite mal gezogen wurde.

Ein weiteres Gesetz besagt, dass am Tag nach dem Marathon die Blogbeiträge wie Pilze aus dem Boden schießen. Nun bin ich auch eher Schnellschreiber vom Dienst, aber aktuell gibt es genügend Gründe, warum das Blog ruht. Die gleichen Gründe gibt es auch, warum mein Training – welches sowieso schon spartanisch war – noch etwas ausgedünnter war.

Berlin Marathon, blaue Linie, Potsdamer PlatzAber mit dem Vorhaben, den besten schlecht vorbereiteten Marathon zu laufen, fuhr ich nach Berlin. Hauptsächlich um massig von den o.g. Tweets abzusetzen, die abertausenden Läufer durch die Stadt trapsen zu sehen, die irre netten und irre Irren zu treffen, etwas zu laufen und hinterher eine gemeinsame Marathon-Currywurst zu verspeisen. (Und natürlich in vielen dieser Situationen darüber zu twittern, um wie der Rattenfänger von Hameln wieder neue Unbedarfte in die sündige Stadt zu locken, damit sie es mir gleich tun … quasi ein Schneeballsystem für Marathon Läufer).

Nicht jedermanns Sache

Der Berlin Marathon ist aber auch nicht jedermanns Sache. Der Startplatz kostet eine fette Stange Kohle, man muss sich 1 Jahr im voraus anmelden, man kann nicht zurücktreten, sondern nur kostspielig den Startplatz übertragen, man muss mindestens eine Nacht übernachten und die Hotels rufen dafür ziemlich krasse Preise aus.

Dazu sind 40tsd Läufer eben 40tsd Läufer. Das kann man nicht wegdiskutieren. Das muss man alles nicht mögen, aber man muss es auch nicht hassen. Wie so oft gilt auch hier mein persönliches Lieblingsmotto frei nach Tolstoi: Das Glück besteht nicht darin zu tun was man will, sondern zu wollen was man tut.

Wer das oben alles nicht will, ist besser bedient, in Hinterobertupfingen den Marathon des örtlichen Lauftreffs – organisiert von Gertrude Paschulke und Erna Hafringer – zu besuchen. Der frisch gebackene Quittenkuchen ist lecker und man bekommt das Getränk noch stilecht im Pappbecher gereicht.

Nun sagt Berlin über sich, es sei arm aber sexy. So ähnlich empfinde ich auch den Berlin Marathon. Er ist eben arm an Gertrude und Erna, es gibt keinen Quittenkuchen… aber das Ding ist eben schon ganz sexy. Nicht weil pfeilschnelle Afrikaner hier Bestzeiten aufstellen, sondern weil die Kulisse eben passt.

Die Strecke ist flach und schnell, das Wetter am letzten September Sonntag statistisch gesehen sehr gut. Es herrscht eine Mords Stimmung am Raceday und die Millionenstadt verwandelt sich für ein Wochenende (wenigstens für die aufmerksamen Augen des Läufers) in ein El Dorado für Marathonläufer. Überall wo man selbst entlang flaniert sieht man sie, die unvermeidlichen Armbändchen, die man inzwischen verpasst bekommt, die fetten GPS-Uhren oder die Laufschuhe (meist alle drei Dinge gleichzeitig). Samstag Abends sitzen sie in Restaurants in schaufeln ihre Pasta rein und Sonntag Morgen ist die U-Bahn voll damit. Aber alles der Reihe nach.

Ankommen und Durchlaufen

Dieses Jahr war alles etwas anders, besucht doch der Junior seit gut 1,5 Wochen die Schule. Also nichts mehr mit, Kind einpacken und losfahren. Wir mussten bis nach der Schule warten und am Wochenende auch noch irgendwie die Hausaufgaben gewährleisten.

berlinmarathon2016_Entsprechend spät ging es auf die Autobahn gen Berlin, Freitags kein angenehmer Ort. Nach +1,5h Fahrzeit als normal standen wir im Hotel, wo meine Kreditkarte zum ersten mal an diesem Wochenende glühte. Als Familie plus Begleitung der Schwägerin, die sich gerne mal um den Sohnemann kümmert. *katsching* nach den 98 EUR für die Startgebühr erstmal ein größerer dreistelliger Betrag über den Jordan.

Gleichzeitig muss das Auto während des Wochenendes auch noch irgendwo stehen, *katsching* … 40 Euro Parkgebühren. Was kostet die Welt.

Während netterweise die Schwägerin mit dem Sohn ein eigenes Abendprogramm plant, schnappe ich die beste Ausdauersportlerehefrau der Welt (also quasi meine) und wir machen uns auf dem Weg zur Messe, die dieses Jahr für uns etwas besser erreichbar in der „Station Berlin“ liegt und nicht mehr am Flughafen Tempelhof. Kleines *katsching* für BVG-Tickets. Angekommen sind wir gegen 19:00 Uhr, eine Zeit in der man relativ schnell an seine Startnummer kommt und wo die Messe auch nur locker besucht ist. Leider war es einfach zu spät und ich hatte Hunger.

berlinmarathon2016_-3Also Sachen packen und ab zum Essen. Am Potsdamer Platz dann der folgenschwere Fehler. Bereits letztes Jahr hatte ich fast einen Kollaps im Vapiano erlebt, dieses mal war ich kurz davor jemandem Gewalt anzutun. Während das Lokal halb leer erschien, gab es erstmal keine Karte, als ich nach 10 Minuten eine bekam stand ich in der Schlange und die Probleme nahmen ihren Lauf. Während ich den „Koch“ der gepflegten Systemgastronomie beobachtet hatte, machte ich eine Hochrechnung. 12 Minuten für zwei Gerichte, 6 Leute mindestens vor mir und bereits eine halbe Stunde gewartet … ca. 1:15h warten für zwei popelige Nudelgerichte. Nachdem die Aggression bedingt durch Unterzuckerung langsam eintrat, warf ich dem Kellner-Imitat die Karte hin und stürmte nach draussen. Frau gepackt, Straßenseite gewechselt und rein zur Steakhouse-Kette. Als Profi-Esser weiß man, dort kriegt man relativ schnell Zugang zum Salatbüffet. Damit war immerhin die Gefahr gebannt, dass ich unschuldige Menschen verletzte.

Nach einem langen Tag ging es in die Koje. Man sagt ja, die Nacht sei die wichtigste vor dem Marathon. Ich hab relativ gut geschlafen, aber die Nacht war etwas kurz. Dennoch fühlten sich die Beine beim letzten Läufchen ganz frisch an. Zu frisch würde ich sagen, denn statt 6:20 standen dann da 4,7km in 5:26 … ist etwas eskaliert.

Nach Frühstück und Hausaufgabe des Sohnemannes hatte der seinen großen Auftritt. Auch er wollte dieses Jahr nach Berlin. Anscheinend ist auch der Bambini-Lauf sexyer also der schnöde Stadtlauf. Auch dieses Jahr trug er wieder seine Medaille das ganze Wochenende durch und freute sich.

Danach trieben wir uns auf der Messe herum, Samstag Mittag wirklich die Hölle. Allerdings brauchte ich noch Gels und wir ließen uns einmal durch die Hallen schieben. Spaß hat das keinen gemacht. Das wichtigste war allerdings das Treffen mit den ersten Ausläufern des #Twitterlauftreff.

berlinmarathon2016_-8Schon vor dem Eintritt in die Hallen trafen wir Schluppi, zum Essen die nette Laufspatz inkl. Anhang und etwas später noch Katrin und Andre vom #allebekloppt Marathon Team.

Danach noch etwas shoppen, das Tante+Sohn Duo macht wieder eigenes Programm und dann ging es Abends schon richtung #Twitterlauftreff Pasta Party organisiert durch die Mietze. Dort versammelten sich 35 mehr oder minder Bekloppte um zu essen, zu lachen, zu quatschen und sich gegenseitig in der Planung weiterer bekloppter Aktivitäten zu unterstützen (vielen Dank an dieser Stelle Thomas… ich hätte nie gedacht das „DAS“ Vorhaben jemals logisch und zwingend sinnvoll sein kann).

Nachdem alle Nudeln und Spaghetti-Eis gegessen, alle Witze erzählt und alle Rechnungen beglichen waren, gingen viele Marathonläufer Richtung Bett. Auf meinem Schrittzähler standen da leider schon unnötig viele Schritte … 16.700 um genau zu sein. Die Beine müde … wie letztes Jahr.

Born to die in Berlin(Marathon)

berlinmarathon2016_-12Der nächste Morgen verläuft so, wie Marathon Morgen eben verlaufen. Aufgeregt alles rauslegen, alles 47x kontrollieren, dann zum Frühstück gehen.

Dort sieht man dann Leute, die unheimlich fit aussehen, die unheimlich müde aussehen, die ihre Startnummer schon am Frühstücksbüffet tragen oder die vor dem Hotel schnell noch eine rauchen. Hinten im Eck sieht man dann auch den Typen, der seine zwei Kaffee, das eine Nutellabrötchen und den Obstsalat zu sich nimmt und dabei im Sekundentakt aufgeregte Tweets schreibt.

Danach aufs Zimmer, abwechselnd ein Kleidungsstück anlegen und aufs Klo rennen. Dann alles überprüfen und aufs Klo rennen. Die Ehefrau durch die eigene Unruhe fast in den Wahnsinn treiben und dabei aufs Klo rennen. Dann gehen wollen und vorher noch… naja ihr wisst schon.

Mit langsam aufkeimender Wettkampflust bepackt trottete ich mit genügend anderen Läufern Richtung U-Bahn, quetschte mich in den vollen Waggon und lief – wie letztes Jahr auch – vom Potsdamer Platz Richtung Brandenburger Tor.

Dieses Jahr war ich deutlich ruhiger und entspannter. Im Startblock wollte ich mich mit Schluppi treffen, also erst mal den Kleiderbeutel abgeben, vorher noch ein T-Shirt überziehen, dass ich spontan geopfert habe. Hätte ich mal gewartet, denn die komischen Plastiktüten gab es im Startblock gereicht. Aber so fühlte ich mich gut, irgend jemand wird sicher von den Klamotten profitieren.

Im Block war die Lust wirklich riesig. Gänsehaut, Vorfreude … die müden Beine und die bereits erneut gegangenen 3,5tsd Schritte zählen kaum. Nach dem ein oder anderen Quatsch mit Christian war klar, er läuft heute mit dem 4:15 Pacer und ich laufe mein Ding.

Am Vortag hatte ich mir noch in Anflug von Wahnsinn ein Paceband für 3:44:59 machen lassen. Insgeheim hoffte ich, dass dieses Tempo passend wäre (immerhin hab ich ja nach Steffny fast danach trainiert) und selbst wenn es zu schnell ist bliebe genug Luft um mit der relativ oft trainierten 6:10er Pace ins Ziel zu kommen. Aber es sollte anders kommen.

Schluppi!!!

Schluppi!!!

Letztlich stand ich für dieses Vorhaben schon zu weit hinten. Von den 1.001 Fehlern im Ausdauersport, die man so machen kann, hab ich ja schon gut 5-7 letztes Jahr erledigt. Da stand ich zu weit vorne, so schlimm war das aber im Rückblick gar nicht.

Startblock G – zweiter Teil der zweiten Welle. Das ist kein Spaß. Ich lief also mit 5:20er Pace an und steckte nach 2 Kilometern schon mitten im Läuferdickicht fest. Es war ziemlich anstrengend. Auf dem Bordstein, auf dem Gehweg oder durch die engen Lücken gezwängt zu laufen. Die Pace fiel da schon und nach 5km hatte ich knapp 1 Minute auf die Zielzeit verloren.

Ich bemerkte, dass die Kraft sicher nicht reichen würde, aber ich wollte die 5:20 weiter anpeilen bis es eben nicht mehr ging. In der Hoffnung, dass 50 Sekunden langsamer dann ging.

Der Plan ging recht gut auf, ich trank Wasser mit Kochsalz und nahm nach 10km das erste Gel, dann Wasser normal, dann Wasser mit Salz, dann Gel. Zu der Zeit war alles noch soweit in Ordnung.

Allerdings zog sich das Tempo-Geschlängel bis zu KM15 durch. Ich war schon leicht angenervt, aber die gelaufenen Tempi waren zu unterschiedlich. Es gab dort keine 5:20 Läufer, entweder ganz schnelle, die dann schon weg waren oder geringe Tempounterschiede, die dann auch gerne als 7er Kette nebeneinander liefen.

berlinmarathon2016_-21Im Nachhinein war das Tempo zu hoch, der Steffny-Plan funktioniert eben nicht ohne Grundlage…oder ich spreche auf anderes Training an. Die Greif Pläne fordern ohne Ende, die Steffny-Läufe waren meist sehr gut machbar, aber für mich reichte es nicht. In der Nachbetrachtung hab ich gesehen, dass bei KM20 der Puls schon bei 160 angekommen war – das war viel zu hoch. Aber es wurde ja auch immer wärmer.

Bis Kilometer 27 konnte ich eine passende Pace retten, dort steht auch der Maximalpuls von 168 geschrieben … danach hat es mir den Stecker gezogen. Kein Hammermann, sondern keine Kraft mehr. Aus die Maus. Zu dem Zeitpunkt folgte ich einem der vier 4:00er Pacer die ich so überholt hatte, allerdings lief der gute Mann recht konstant 5:35 was ich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr halten konnte.

Sometimes I feel like screaming
Sometimes I feel I just can’t win
Sometimes I feelin‘ my soul is as restless as the wind
Maybe I was born to die in Berlin(Marathon)

Es folgten wieder die härtesten Minuten im Leben des Ausdauersportlers, wie bereits letztes Jahr … wo ich dann ab KM35 mit den fiesesten Krämpfen zu kämpfen hatte. Diesmal konnte ich noch laufen und achtete penibel darauf, dass dem auch so bleibt. Aber es ging nichts mehr.

Das Gefühl man sitzt im Auto, es rollt in Schrittgeschwindigkeit dahin und man tritt das Gaspedal… es passiert aber NIX. Ab diesem Zeitpunkt leistete der Kopf die ganze Arbeit.

Alles was ich so durch Yoga oder Meditation in den letzten Monaten gelernt habe, kramte ich raus. Ich beobachtete was in meinem Körper passierte und wertete nicht. Dabei stellte ich fest, dass das ein oder andere Zipperlein gar nicht wirklich existierte. Quasi nur eine Hysterie des Körpers, der sich dagegen wehrte, untrainiert Marathon zu laufen.

So langsam wurde es leider auch sehr warm. Ich hatte einen trockenen Mund und nahm jede Verpflegung mit, einmal noch mit Salz sonst ohne. Trotz der engen Abstände war ich aber gefühlt schon wieder am verdursten bevor der nächste Becher greifbar war. Zum Ausgleich trank ich den warmen Zuckertee anstatt Wasser, aus Angst dass mir zu viel Wasser den Magen umdreht.

Natürlich zählte ich jeden Kilometer rückwärts und sagte mir jedes mal … du bist bis hierhin gelaufen, wo du letztes Jahr schon gehen musstest. Ganz kurz zog es auch mal im rechten Oberschenkel, aber auch das hatte ich besser im Griff.

Die Devise war, ins Ziel zu kommen … irgendwie. Dabei die Uhr ignorieren und das Leiden überstehen.

Ich gebe zu, das liest sich positiv … aber im Kopf zogen auch finstere Wolken auf. Warum tue ich mir das an, wenn ich schon nicht trainieren kann. Wieder zu schnell gestartet. Immer beim Marathon. Zweimal Hamburg gemeldet und wegen Verletzung abgesagt, zum zweiten mal Berlin und wieder eingebrochen.

Aber auf diesen Ritt auf der Rasierklinge hab ich mich selbst eingelassen. Ich wollte es! Ich wollte nach der Verletzung etwas schaffen. Rad am Ring, Frankenwald Radmarathon, Cyclassics und den Berlin Marathon. 5 Monate nach der Leisten-OP wollte ich es so sehr. Der Kreis sollte sich schließen, wo er begann. Der Berlin Marathon 2015 machte mir klar, dass ich ernsthafte Probleme hatte… das sollte nun vorbei sein.

Mit dieser Energie versuchte ich weiter zu laufen. Fremde riefen meinen Namen und ich kroch bereits am rechten Streckenrand dahin. Es gingen die ersten Leute bereits bei KM 25 – aber ich wollte das hinauszögern, nutzte aber jede Verpflegung maximal als Gehpause aus.

Irgendwann musste ich aber nachgeben, mir war warm, mir war etwas übel und ich hatte Durst ohne Ende. Warum nicht ein paar Meter gehen, die Geher vor mir kamen so verdammt langsam nahe, also kann man das mal ausprobieren.

Ich zählte die Kilometer rückwärts, ich rechnete wie lange ich noch leiden musste… und ich litt. Ja verdammt … ich habe gelitten, gelitten für neue Fehler, gelitten dafür beim Marathon gestartet zu sein. So muss es sein, wenn man einen Marathon laufen will. Egal wie man trainiert, es kann so viel schief gehen. Aber aufgeben ging gar nicht.

Ich fühlte mich bei KM 39 so schlecht, dass ich mich fragte ob ich überhaupt ankomme. Meine Laufgeschwindigkeit lag bei 7:30 bis 7:40 … bis mich meine Frau bei der letzten Verpflegung erblickte. Mir ging es mieserabel – ich ging … aber sie lief zu mir rüber, packte mich an der Hand und feuerte mich an weiter zu laufen. Wir trotteten ein paar Meter zusammen die Strecke entlang und ich machte mich bereit die letzten verdammten 1,195km irgendwie noch hinzubekommen.

Für mich gab es nur noch das Ziel, dort endlich stehen bleiben, etwas trinken, hinsetzen und nicht mehr laufen müssen. Ich fasste den Entschluss, dass Marathon Scheiße ist und ich nie wieder einen laufen werde. Nicht meine Welt … so viele andere Dinge fallen mir leichter, also …Lektion gelernt.

Ab auf die letzten Meter, durch das Tor und dann richtig Ziel.

Durchlaufen, 4h 23 Minuten… weiter gehen … total leer im Kopf, der Magen drehte sich beinahe um, mir war warm, ich hatte Durst und ich war so wahnsinnig enttäuscht. Ich wollte nur noch so ein verdammtes alkoholfreies Weizen, meine Klamotten und mich zum sterben auf die Reichstagswiese legen.

Marathon-Kater

Nachdem ich diese drei Dinge nach und nach abarbeiten wollte wurde mir klar, dass ich irgendwann mal von der Wiese geräumt werden müsse und besann mich eines besseren.

Ich packte sogar die Medaille weg, als ich ging und mich auf dem Weg zu meiner Familie machte.

Keine große Freude, keinen Hunger, keine Lust auf dieses Laufzeugs. Einfach nur in die Luft glotzen.

Erst nach einer Dusche und dem Zusammenpacken der Sachen (immerhin mussten wir Abends wieder nach Hause) schlugen wir den Weg Richtung Currybude ein um mit dem #Twitterlauftreff die berühmte Marathonwurst zu essen.

So langsam besann ich mich wieder – immerhin ist 4:23 mit meiner Grundlage nun mal kein riesen Drama … und dass ich leiden werde müssen, war mir auch klar.

So klang das Wochenende so aus, wie es mir am besten gefallen hat. Die super netten anderen Läufer und Twitterer um sich herum, etwas zu essen und super Stimmung.

Meinen Vorsatz, nie wieder Marathon zu laufen, werde ich bestimmt auch einhalten. Allerdings frühestens nach dem 30.10., wenn ich in Frankfurt noch einen Marathon gelaufen sein werde. Wenn ihr also bis hierher alles gelesen habt und euch nun fragt wie das zusammen passt, kann ich nur eines sagen: #allebekloppt

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17 Kommentare

  1. Daniel, Daniel, Daniel…

    Meine Oma hat immer gesagt, „was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter“.

    Nach Deiner Lei(sten)densgeschichte finde ich es beeindruckend, dass und wie Du den Marathon gelaufen bist.
    So ein bisschen vom Wahnsinn geprägt war die Aktion ja schon. ;)
    Ich hätte Dich gerne morgens im Startblock nochmal gesehen und ein bisschen gepusht, haben wir doch in diesem Jahr öfter zusammen mit dem Wiederanfangen angefangen.

    Ich drück Dir jedenfalls alle Daumen, dass Du in Frankfurt gut durchkommst und egal bei welcher Zielzeit, den Zieleinlauf in die Festhalle genießt.
    Der ist nämlich auch grandios!

    Im Sinne von „Erlebnis vor Ergebnis“ solltest Du es einfach genießen, dass Du wieder Marathon laufen kannst!
    Und im Gegensatz zu Berlin hast du ja jetzt mindestens 42,195 Vorbereitungs-Kilometer mehr in den Beinen. ;P

    Ich werde jedenfalls zum Zuschauen kommen und die Daumen drücken!

    Und ne Zielcurrywurst bekommen wir in Frankfurt für Dich auch irgendwo her. :)

    p.s.: nen 160er Puls hatte ich schon beim Startschuss ;D

    • In Frankfurt ist mir alles egal … laufen und sehen was passiert. Meine Beine waren am Sonntag einfach nicht bereit, und dass ich kaum Beschwerden hatte heißt auch, dass da Luft war. Also mal sehen wie es so ist einen Marathon durchzulaufen ;)

  2. Hi Daniel, anscheinend bist du einer von vielen aus meiner TL denen dieser Berlin Marathon denkwürdig in Erinnerung bleiben wird. Ich fand den Blogpost klasse geschrieben und konnte in vielen Situationen nachempfinden, was da in dir ablief. Für Frankfurt wünsche ich dir alles Gute.
    Grüße
    Matthias

  3. Gibt es überhaupt jemanden von uns schreibendem Volk, der in Berlin NICHT gelitten hat?
    Ich lese irgendwie nur solche Berichte.

    Sehr fein geschrieben übrigens. :)

    Viel Erfolg in Frankfurt. Das würde ich mir NIEMALS antun, gleich danach noch einen Marathon zu laufen.

    Wann ist da Anmeldeschluss?

  4. Hallo Daniel,
    Toll und lesenswert geschrieben. Sehr nachvollziehbar. Mir ging es aus anderen Vorraussetzungen fast genaus so. Typische Anfängerfehler gemacht. Usw.
    Auch die Euphorie, die man sonst so nach dem Finish hat, wollte sich nicht so einstellen.
    Aber nach dem Marathon ist vor dem Marathon.
    Gruß
    Ralph

  5. Ich bin wohl einer derjenigen, der Berlin nie sehen wird. Irgendwie ist für mich wettkampftechnisch alles nördlich von Hessen uninteressant – frag mich nicht wieso – selbst wenn 40.000 Läufer am Start sind.

    Dennoch ist es glaube ich mit der wenigen Vorbereitung und deinem Krankheits- und Verletzungspech eine durchaus respektable Zeit geworden. Und du weißt ja:

    Kuchen heilt alle Wunden!

  6. Hi Daniel,

    wie quasi immer schön geschrieben.

    Was ich mich aber regelmäßig bei „euch“ Marathonläufern frage und eben auch jetzt aktuell in Berlin, warum zur Hölle lauft ihr 42 km ohne vernünftig vorbereitet zu sein und damit sehenden Auges in euer „Verderben“? Leiden gehört nämlich nicht zwangsläufig zum Laufen dazu ;)

    Gruß
    Sascha der am 8.10 ebenfalls Marathon läuft und quasi auch nicht trainiert hat ;)

  7. Es lief also eigentlich alles erwartungsgemäß. Erschreckend war dann nur unterwegs, dass diese Erwartungen auch noch eintraten… ;)

    Congratz zu einem ordentlichen Finish und dem nötigen Biss und Dank für die gute Lektüre.

    Diese Erfolgsgier nach der Verletzung ist, glaube ich, symptomatisch. Zumindest ging es mir im letzten Jahr nach der Knie-OP im Herbst ebenso. Ich habe mir da das Frühjahr so vollgeballert, dass ich auch gleich dafür wieder büßen musste. Pass also auf Dich auf!

    Grüße

    Thomas

    • Ja da ist was dran, ich hab mir was vorgenommen und wollte es nach den Absagen durchziehen.
      Was für mich absolut OK ist, dass ich nicht wirklich die Leistungen abrufen konnte, die ich letztes Jahr gekonnt hätte. Da gilt wirklich Erlebnis vor Ergebnis.

      Bisher macht der Körper alles mit, leider war die OP ja auch kein Allheilmittel, aber ich kann eben wieder beschwerdefrei Sport machen. Das ist mir wichtig, dazu gehören dann auch solche Events.

  8. Alles wie immer. Alles wie immer bei Daniel.

    Es ist schon seltsam Deine „Leidensgeschichten“ zu lesen und man möchte Dir dann irgendwie gerne unter die Arme greifen, aber geht ja dann irgendwie auch nicht. Würde gerne mal zusammen mit Dir einen laufen und ich denke, wenn Du mal eine ordentliche Vorbereitung hinlegst, beim Marathon nicht all zu viel leiden würdest, Du auch am Ende mehr Spaß an der Sache hast. Ich wünschte es Dir. Wenn Du einen Mitläufer suchst, lass was zusammen starten.

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