Ja die Trainingspsychologie, mit der ist es schon nicht so einfach. Da wollte ich gestern vor dem Halbmarathon nächste Woche – so rein für die Psychohygiene – noch mal einen LaLaLa um die 20km einschieben. Ganz entspannt und locker. Und was war? Unentspannt… und unlocker!
Planlos aber glücklich
Ehrlich gesagt habe ich mich gar nicht wirklich mit Plänen für den Halbmarathon auseinandergesetzt. Wann man wie schnell und wie weit laufen sollte, welches Tempo sinnvoll ist. Irgendwann bin ich mal etwas länger gelaufen und hatte das Gefühl, dass Sub2 ein tolles Ziel wäre. Dennoch hab ich mir keinen Plan gesucht.
Mit Trainingsplänen bin ich bisher noch nicht wirklich warm geworden. Nach dem Couch-to-5K-Plan den ich damals mit der Runmeter-App durchgezogen habe stieß ich auf Natural-Running und den 5 auf 10KM-Plan. Nachdem ich mit dem C25K-Plan in Schwung gekommen bin, war ich aber dennoch leistungsfähiger als es der zweite Plan vorsah weswegen es einfach keinen Spaß machte mit Halbgas zu trainieren. Deswegen habe ich mich auch gar nicht erst nach einem Trainingsplan für einen Halbmarathon umgesehen.
Die typischen drei
Also kam ich zum typischen Trainingspensum, dass einem – wenn man keinen Plan möchte – so häufig geraten wird. Einmal in der Woche ein kurzer Lauf, dafür aber schnell. Ein mittlerer Lauf, locker aber mit erweiterter Distanz und letztlich ein langer Lauf. Ich habe wild gesteigert, verringert, verlängert, gekürzt und bin auch ganz sicher relativ häufig am Limit gelaufen. Auf den ersten Wettkampf (10,5km) habe ich mich somit auch nicht spezifisch vorbereitet, außer ein paar Tempoeinheiten und Steigerungsläufe kurz vorher.
Dazu kam die Idee/der Wunsch zum Frühjahr auf 4 Trainingseinheiten umzustellen, da das gerade als Debütant beim Halbmarathon als hilfreich angesehen wird. Natürlich auch hier wieder Planlos, oder … sagen wir relativ planlos. Dazu noch das erste Wettkampfergebnis, dass deutlich besser als erwartet war und schon gingen die Pferde mit mir durch.
Übermut tut selten gut
Mit der Wettkampfzeit ergab sich eine bessere Zielzeit und Trainingsübermut. Im Gegensatz zu den ersten Wochen und Monaten des Laufens, bei dem Tempo und Steigerungen zu meiner Vernunft passten, war das wohl nicht mehr so einfach. Dazu neben Übermut auch noch stures Ignorieren einfacher Prinzipien und fertig waren die Schmerzen. Knieschmerzen rechts bei Tempoaufnahme und somit 2 Wochen absolute Tempopause.
Da das Wetter und die Rahmenbedingungen passten, konnte ich wenigstens etwas Rad fahren, was meinen Beinen sehr gut getan hat. Natürlich hab ich auch auf dem Weg in die Arbeit auf die Tube gedrückt. Nachdem das Knie besser wurde habe ich die Gelegenheit genutzt und ein paar Höhenmeter beim Traillauf geschrubbt – aber war das schlau?
Halbmarathon ich komme … aber wie?
Da ich keinem Plan folge, kann ich natürlich auch niemanden außer mich selbst für das Ergebnis verantwortlich machen. Wäre zwar im anderen Fall auch nicht anders, aber man könnte es ja wenigstens versuchen. Wie komme ich jetzt darauf? Genau, denn eigentlich ging es mir ja um den gestrigen LaLaLa.
Der Wunsch nochmals locker 20km oder mehr zu laufen um mir sicher zu beweisen, dass nächste Woche alles klappt ging leider absolut in die Hose. Nach 3KM war mir schon klar, dass ein 5:xx Tempo illusorisch erscheint. Als Ausreden könnte ich folgendes Vorbringen: Radtour mit Kind Nachmittags (es ging auch kräftig bergauf), warm, schwül (nach einem Gewitter) – und Abends direkt nach dem Abendessen war’s auch noch.
Hoffentlich lag es an all dem, denn mit jedem Kilometer verlor ich Tempo bis ich irgendwann bei 6:46 angekommen war – unglaublich aber mit so einem Tempo lief ich meine ersten durchgehenden Kilometer. Die Beine taten mir weh, der Puls war aber tiptop und absolut passend zur Belastung… was war los? Lag es am Kopf, zu viel trainiert? Zu wenig trainiert?
Bereits auf den letzten (schmerzhaften) Kilometern mit (schmerzhaften) Gehpausen ging mir genau das durch den Kopf. Hätte … hätte … Herrentoilette – hätte ich doch nur einen Plan genommen, hätte ich das trailen gelassen, hätte ich die Vernunft behalten und nicht so viel Tempo trainiert dann wäre ein kontinuierliches Training die letzten Wochen möglich gewesen… bla bla bla.
Und nu?
Ich kenne solche Psychospiele ja bereits aus meinem Fernstudium. Man bereitet sich vor, testet seine Leistung und ist nicht mit sich zufrieden. Also beginnt man zu zweifeln, zweifelt erst die Vorbereitung an, dann das ganzen Teilprojekt. Nun habe ich das in den letzten Jahren Großteils hinter mir lassen können. Darum betrachte ich das heute lieber mit etwas Abstand. Es war ein Trainingslauf, ich habe kontinuierlich trainiert so weit ich konnte und es ist mein erster Halbmarathon – also was soll’s? Sub2 ist drin und Sub1:55 ist und bleibt mein Ziel.
Die nächsten Tage lasse ich etwas ruhiger angehen und machen vor dem Lauf keine Experimente mehr, laufe den Halbmarathon zum Fürther Metropolmarathon als Premiere und werde bei so einem Event ganz sicher nicht als letzter ankommen. Wahrscheinlich werde ich mir im Nachgang einen Trainingsplan für den Park und See Lauf im Oktober umsehen, aber sicher ist das noch nicht.
Psychohygiene hergestellt… aber Hauptsache erst mal fast durchgedreht ;)
Hi,
selbst aufgebauter Erfolgsdruck ist ja glaube ich der größte Feind des Läufers. :)
Ich habe mich kürzlich noch ein Gespräch geführt .. vielleicht haben wir sogar schon diskutiert. Es ging darum, ob bzw. warum man beim ersten (Halb-)Marathon eigentlich irgendeine bestimmte Zeit unterbieten muss/will.
Ich habe das noch nie verstanden. Es ist doch für einen Einsteiger ganz viel wert diese Strecke überhaupt mal zu schaffen. Aber nein, gefühlte 95% setzen sich irgendwelche Ziele, sind motiviert und am Ende tut das Bein weh oder man schafft es einfach nicht, weil man sich unter Erfolgsdruck gesetzt hat.
Mag etwas an deiner Situation vorbeigehen, aber ich denke, dass es am Ende doch einfach nur darum geht überhaupt mal so einen Wettkampf beendet zu haben.
Sagen wir mal, dass du 2:04 Stunden läufst. Dann geht die Welt auch nicht unter :) .. du hast trotzdem Spaß am Laufen und beim nächsten Wettkampf bist du dann wahrscheinlich eben dieses bisschen besser und erreichst deine Zielzeit (wenn du dir denn überhaupt noch eine setzen willst).
Wie auch immer: viel Erfolg. :)
Ja – wenn man ganz dolle vernünftig ist, dann bräuchte man natürlich keine Ziele. Aber leider komme ich mit „keine Ziele“ nicht so zurecht wie ich es gerne hätte.
Mein Fernstudium habe ich begonnen weil ich einen Hochschulabschluss wollte – abgeschlossen habe ich als Jahrgangsbester, aber ohne dieses Ziel hätte ich keine 5 Jahre lang Freizeit und Nerven opfern können. Einfach für „bestehen“ hätte meine Motivation nicht gereicht.
Beim Laufen ist es tatsächlich etwas anders – im Gegensatz dazu bis spät Nachts am Schreibtisch zu hocken und Formeln und Definitionen zu pauken ist das Laufen an und für sich ja schon Genuß und macht Spaß. Die Wettkampfteilnahme ist es auch nicht … denn gewinnen werde ich in meinem Leben sicher auch keinen.
Aber es geht um dieses kleine Engelchen-Teufelchen-Spiel auf der Schulter, dass dir sagt: „Ach komm, das Ziel … das schaffst Du“.
Im übrigen hab ich den Blogpost schon wieder völlig bei klarem Kopf geschrieben. Gestern war ich laufen… bin wie auf Flügeln getragen gelaufen – musste mich sogar bremsen. Alles wieder O.K.
Hach – da haben wir es – ich könnte aus meiner Nähkiste plaudern, dir verraten, dass ich noch nie mit Plänen gelaufen bin und trotzdem ganz manierliche Zeiten auf die Beine gestellt habe, sogar überrascht war, wozu ich im Stande war, was ich mir nicht zugetraut hätte !
Wie ich schon sagte, das Geheimnis ist ein gutes Ausdauerfundament, und dann läuft alles wie von alleine. Wenn du erst einmal hinein gerochen hast und weißt, was du kannst, dann ist es allemal möglich, sich mit Tempoläufen und/oder Intervallen weiter hoch zu puschen.
Mein Geheimnis, und darüber lächelt so mancher, der immer nur mit Plan läuft (und oft auch nicht schneller wird !!), laufen, einfach laufen – laufen lernt man durch laufen – und vor allem – bleibt die Freude nicht auf der Strecke.
In diesem Sinne ! :cool:
Danke für die Rückmeldung! Laufen einfach laufen … das war auch das, was ich gemacht habe, nachdem ich mich vom Natural-Running-Plan so „gemaßregelt“ gefühlt habe.
Hab‘ mich ja auch mal für den HM im Herbst nach einem Plan umgesehen, aber was da drin steht kann mir einfach keinen Spaß machen. Ich MAG nicht mit Tempo 7:14 min/km laufen, nur weil irgend eine Formel das aus meinen Daten ausrechnet.
Viel wichtiger als EIN Plan ist mir eigentlich, den Schlüssel zum Laufgefühl zu finden. Manchmal ein „Trail & Error“-Spiel, wie mit meinem Knie, aber die Trainingsplanschreiber sind ja auch keine Zauberer. Die haben einfach bestimmte Prinzipien verstanden und wenden die an – wenn ich die Prinzipien für mich nachvollziehbar (und am eigenen Leib getestet) verstanden habe, brauch ich auch keinen Plan.
Darum ist die Chance hoch, dass ich auch nach dem 16.6. planlos bleibe – schon weil mein Leben eh schon kompliziert genug ist :-)
Hallo,
viel wahres steckt in den Worten von Margitta. Als Trainer müsste ich jetzt sagen Pläne sind wichtig und blabla. Mache ich aber nicht, denn jeder Mensch ist anders gestrickt und nicht für jeden sind Pläne zu empfehlen. Ich selbst kann mich langfristig ganz schwer an irgendwelche Pläne halten. Die meisten meiner Laufjahre war ich planlos glücklich. Andere Läufer brauchen wieder Pläne sonst können sie sich nicht motivieren.
Ziel für den ersten Halbmarathon: Spaß haben und den Lauf genießen. Keinen Zeitdruck aufbauen und ganz, ganz langsam starten. Lieber am Anfang zu langsam als zu schnell. Auch solltest Du es am Anfang im Training nicht mit dem Tempo übertreiben. Erst ein Fundament aufbauen und dann kommt der Rest. Gegen kürzere schnelle Läufe spricht nichts, aber wirklich nur dosiert.
Viel Spaß beim Halbmarathon und nicht auf die Uhr schauen. Noch besser, nehme überhaupt keine Uhr mit.
Hi Heiko,
ich werde sicher meinen Spaß haben, immerhin hat mein lockerer Lauf gestern richtig Spaß gemacht und jeglichen Zweifel aus dem Weg geräumt.
Manchmal glaube ich, dass ich diese Zweifel- und Grübelei brauche, da ist das Laufen nicht der einzige Bereich, bei dem ich mich erstmal „erden“ muss, bevor alles klar ist.
VG
“ schon weil mein Leben eh schon kompliziert genug ist “
genau das ist es, Mensch hat im Leben genug Druck, Stress, Verpflichtungen, die er einhalten muss, darum sollte – immer wieder aus meiner Sicht – das Laufen für den Ausgleich sorgen und Freude bereiten für Körper, Geist und Seele – und das macht es, darum laufe ich jetzt im 35. Jahr. :cool: