Was ist passiert, wenn mein Herzfrequenzprotokoll aussieht wie die Silhouette von Bart Simpson? Ich teste – genauer gesagt teste ich den neusten/letzten Schrei. High-intensity intervall Training kurz HIIT Lauftraining. Wenn ich den Versprechen glauben schenken soll, werde ich also bald Pfeilschnell werden und das bei einem Bruchteil des Trainingsaufwandes mit herkömmlichen (welche das auch immer sein mögen) Trainingsmethoden.
Ein Ergebnis soll sein, dass eher schlecht Trainierte mehr darauf ansprechen, was für mich ein Testgrund ist. Der andere liegt auf der Hand – jedes Tempotraining ist besser als gar keines. Also erkläre ich mich zum Testobjekt.
Sauintervalle durch’s Dorf
So lange treibe ich mich im Laufgeschäft ja noch nicht herum, aber eines habe ich schon gelernt – nämlich, dass regelmässig Säue durch Dörfer getrieben werden, meistens mit dem Versprechen, dass das neue Schweinderl das Lauftraining viel einfacher und besser macht und man sich auch fast nicht anstrengen muss um etwas zu erreichen. Auch die aktuelle Runner’s World hat einen kleinen Beitrag dazu in Petto. Glücklicherweise hat man sich bei RW im Zaum gehalten und nicht schon im Titel das Minimaxprinzip vergewaltigt. Ich gebe es zu, ich mag Dinge die effizient sind – aber sehr oft bekommt man Dinge als effizient verkauft, die eher eine hohle Nuss darstellen.
Auch im beVegt-Blog gab es vor kurzem einen Bericht über HIIT Lauftraining in dem auch direkt einige Fachartikel zu dem Thema verlinkt sind, für alle die es gerne etwas genauer wissen möchten.
Aber auch sonst findet man im Internet an vielen Ecken und Enden Beiträge zu HIIT – allerdings handelt es sich bei diesen Schweinderln meistens um die, die den inneren Schweinderlhund beruhigen sollen. Weniger trainieren, mehr leisten – 10 Minuten HIIT für die Fettverbrennung und weiß der Teufel was. Diesen Hokus-Pokus lasse ich einfach mal sein und schnüre meine Schuhe.
Auf und Ab
Weil die Grafik in der RW so schön bunt war, habe ich es direkt mit dem Vorschlag versucht. Allerdings habe ich aus verschiedenen Gründen etwas angepasst. Zum einen fand ich 5 Minuten warm-up dafür, dass ich nach 5:50 Vollgas laufen soll, etwas wenig, also habe ich das Einlaufen auf 10 Minuten ausgedehnt. Zum anderen habe ich mich in GarminConnect vor lauter Intervallen verklickt und die Pause zwischen den Blöcken von 2 auf 4 Minuten ausgedehnt – dazu aber gleich mehr. So sah mein Training also aus:
Gelaufen werden sollen die ersten 30 Sekunden mit geringer Belastung, die 20 Sekunden mit mittlerer und die 10 Sekunden mit hoher Belastung. Trainingsplankenner und Profis schlagen da sicher gleich die Hände über dem Kopf zusammen, was ist niedrig, mittel und hoch – ich als Trainingsplanverweigerer verlasse mich einfach mal auf mein Körpergefühl. Die Auswertung hinterher zeigt, dass das Tempo insgesamt doch recht konstant war.
Dieser Block wird also 5 Minuten gelaufen – dann 2 Minuten Pause. Auch hier wieder keine Spezifikation … Trabpause, Gehpause, Stehpause? Da ich ja irgendwie zu 4 Minuten gekommen bin und mir da schon langweilig wurde habe ich mich für alles 3 entscheiden . Danach wieder der nächste Block und das ganze 4-mal.
HIIT in der Praxis
Meine Versuche mit Intervalleinheiten lassen sich bisher locker an eine Hand abzählen. Diese Tatsache und meine relative (bis absolute) Unwissenheit im Bereich der Trainingslehre machen mich sicher nicht zum Spezialisten für HIIT, aber eines kann ich – subjektiv von der Einheit berichten, also gebe ich hiermit zum Außenreporter auf der HIIT-Strecke:
10 Minuten Einlaufen kommen mir vor allem bei leichtem Wind und Temperaturen um die 13°C sehr entgegen. Alles andere wäre mir auch zu gefährlich, immerhin plane ich ja gleich Vollgas zu geben. Ausgestattet habe ich mich mit einem leichten Schuh (Saucony Kinvara) und als Trainingsstrecke wähle ich meine Haus-Laufautobahn, eine ca. 9,5km lange Wendepunktstrecke die relativ eben ist.
Bisher habe ich die Trainingsoption meiner Forerunner 410 erst 3-4x genutzt, aber heute lohnt sich das Teil mal so richtig, anders als mit dem Trainingscomputer hätte ich bei dieser Belastung die Zeiten gar nicht kontrollieren können. Nach 10 Minuten und 30 Sekunden piept die Uhr wie wild und signalisiert mir, jetzt für 20 Sekunden das Tempo anzuziehen. Ich entscheide mich für mein HMRT um dann die letzten 10 Sekunden Vollgas zu geben (lt. Garmin letztlich jeweils eine Pace von 3:08 bis 3:20 … also langsamer als die Marathon-Weltrekord-Pace ). Austrudeln, kurz stehen bleiben, Luft holen und lostraben … die nächsten 30 Sekunden sind schnell vorbei.
Die fünfte Wiederholung ist dann schon sehr anstrengend – 20 der 30 Sekunden stehe/gehe ich fast nur und als die Uhr die letzten 5 Sekunden bis zur Tempoerhöhung runterzählt habe ich zu tun wieder ins Traben zu kommen. Dafür ist aber meine falsch eingestellte Pause eindeutig zu lang – da mir schon langweilig wird stehe/gehe ich nicht nur sondern trabe wieder weiter, als mein Puls so langsam auf die 120 fällt … und schon geht das Spiel wieder los.
Bei den 10-Sekunden Vollgas merke ich, dass ich bei jeder Wiederholung noch etwas draufpacken kann, dafür tun mir nach gut 25 Minuten die Beine schon so weh, wie bei meinen Gehintervallen vor einem Jahr! Nachdem ich den IV-Block abgeschlossen habe „rolle“ ich gemütlich nach Hause und wundere mich über den HF-Schnitt von 145, den ich bei manchen Dauerläufen über 10km überschreite. Eindeutig ein Zeichen, dass die Pause zu lang war.
Fazit für mein erstes HIIT Lauftraining
Mein Fazit ist, dass ich auch 5 statt 4 Wiederholung vertragen hätte. Allerdings werde ich beim nächsten mal eher die Pause auf 2 Minuten kürzen und dann sehen was geht. Wie man sieht, hat es mir gefallen – die Einheit ist Abwechslungsreich und „Tempo bolzen“ ist mal eine neue Erfahrung.
Generell ist das ganze für Anfänger sicher eher sinnvoll, da man in kleinen Dosen an solche Anstrengungen herangeführt wird. Gegen die Schmerzen habe ich mich gleich nach dem Lauf noch mit der Blackroll ausgerollt, heute spüre ich es schon – aber im erträglichen Maß. Dafür habe ich aber mal wieder Muskelkater in neuen Bereichen – also iregendwas wird schon trainiert.
Die nächsten Wochen werde ich die Einheit einmal pro Woche einbauen, ob es wirklich was bringt, vermag ich nicht zu sagen, 10 Sekunden sind schon sehr kurz. Am ehesten wird es vielleicht meinem Laufstil helfen und sekundär etwas psychologische Härte auch mal Tempo „auszuhalten“. Ob Ausdauer wirklich ein Trainingsergebnis ist… wer weiß. Ich bleibe dran, aber großartige Erkenntnisse verspreche ich mir nicht. Vielleicht kann ich aber den ein oder anderen Interessierten dazu verleiten es selbst mal zu versuchen … denn, wie schon gesagt: ein Tempotraining ist viel besser als keines .
Hi,
klingt ja nicht uninteressant. Ich war früher ein richtig guter Sprinter, aber das ist mir komplett abhanden gekommen. Bei meinen beiden Mini-Steigerungsläufen am Montag bin habe ich mir schon gedacht „was zur Hölle ist mit dir los?“.
Ich weiß irgendwie nicht, ob Schnelligkeit das ist, was ich will oder ob diese Trainingsform vielleicht auch nur ein gutes Mittel zum Zweck für die Ausdauer ist.
Geschwindigkeit ist bei mir eher so an Stelle 4 auf der Prioritätenliste. hmm..
Sprinten war im Schulsport so das einzige, wo es zu einer Note besser als 3 gereicht hat, auch mir fällt es aktuell schwer, aber das Gefühl dass es mit jeder Wiederholung leichter wird hat mir gezeigt, dass mein Hirn die Bewegungsabläufe einfach nicht mehr drauf hat.
Ich sehe Geschwindigkeit ja eher als Möglichkeit im Training auch mal mehr Umfang machen zu können. Wenn die Zeit der limitierende Faktor ist muss ich eben schneller werden :-)
Ja, das mit der Zeit als limitierenden Faktor ist natürlich ein nicht wegzudiskutierendes Argument.
Habe ich so ehrlich gesagt noch nicht betrachtet.
Kleiner Nachtrag: kannst du vielleicht mal was zu der Blackroll schreiben? Ist auch so ein „Trend“ .. hätte da gerne mal einen Erfahrungsbericht. :-)
Ich nehme auch Auftragsarbeiten an ;-) – die Blackroll stelle ich gerne noch mal vor. Ich hadere schon die ganze Zeit mit einem Buch zum Thema Faszien. Empfehlen kann ich aber (ganz ohne Blackroll) den rund ums Thema Faszien.
Ich kenne das nur als Tabata-Intervalle, die Dr. Tabata bereits 1996 in einer Studie untersucht/angewendet hat. Das ist 4-8x 20s Vollgas mit 10s Pause. Kommt letzten Endes ja auf etwas sehr Ähnliches hinaus.
Ich denke aber, dass es falsch wäre, sich nur auf so etwas zu verlassen. Natürlich ist es besser als gar nicht, aber wenn man für einen längeren Lauf trainiert, muss man ab und zu auch länger laufen.
Aber, jenachdem wie motiviert man ist, kann man das eigentlich wunderbar ans Ende jedes normalen, lockeren Dauerlaufs setzen. Es ist intensiv und setzt noch ein paar weitere Reize, ohne zu viel Regeneration zu verlangen.
Naja, alte Sau neues Dorf ;-)
Allein darauf verlasse ich mich nicht, aber der Vorteil – Tempo bei relativ weniger Belastung – ist nicht von der Hand zu weisen. Zusätzlich gibt’s aber noch 1000er Intervalle (zuletzt 4×1000 – mehr sind noch drin) und TDL im Wochenwechsel. Da ich aber 4 Einheiten die Woche noch nicht 100% gewohnt bin, ist bei mir am Sonntag meistens der Ofen aus – da wird der Lange Lauf automatisch laaaang – 2 richtige Tempoeinheiten die Woche haben also noch etwas Zeit.
Bei vier Einheiten in der Woche musst du auch je nach Intensität darauf achten, dass sich dein Körper ausreichend regenieren kann.
Was Hannes sagt ist sicherlich gar nicht so verkehrt, vielleicht werde ich das in Kürze mal ausprobieren. Einfach mal nach dem Stundenlauf noch so eine kleine Intervallübungen anhängen und dann mal schauen, wie sich das anfühlt.
Endbeschleunigung oder Steigerungen am Ende versuche ich eh regelmässig mit in die längeren Läufe einzubauen, denn bei einer LaLa-Pace von >6:00 schlurfe ich teilweise nur so dahin.
Ich glaube viele Leute lassen sich dazu verleiten ein „kurzes“ Training mit einem „einfachen/bequemen“ Training zu verwechseln :-) Intervalltrainings sind zwar kürzer als normale Trainings aber beanspruchen den Körper deutlich mehr und sind daher auch nicht für die Coachpotatoes geeignet, welche „nur mal 10 Minuten“ trainieren wollen :-)
Ich fand Deinen Erfahrungsbericht sehr spannend – und ich muss Benni zustimmen – ein Erfahrungsbericht zur Blackroll würde mich ebenfalls sehr interessieren.
Liebe Grüsse
Ariana
Es ist ja nicht nur das Verwechseln – problematisch würde es ja werden, wenn man so eine kurze Einheit gegen eine längere Qualitätseinheit austauscht.
Also solche Intervalle anstatt eines TDL bringt weniger als einen lockeren DL dafür zu „opfern“.
Bei der Blackroll sehe ich aber schon Bedarf – so viel gibt’s da ja nicht zu sagen, aber ich werde die Tage mal meine wenigen Trainingsutensilien vorstellen.
Ich habe gestern das ganze wieder mit der richtigen Pausendauer getestet, dafür allerdings 5 Wiederholungen. Ich muss sagen, so lässt sich das Training leicht skalieren. Die Belastung war diesmal bei fast identischen Geschwindikeiten etwas kleiner.
Was ich glaube ist, dass sich mit der Zeit eine Gewöhnung auf die Tempi einstellt. Da das Tempo nicht gemessen sondern nur grob vorgegeben ist, besteht eben die Gefahr, den Effekt nach und nach zu verwässern.
Aber wie schon im Beitrag geschildert – aufgrund der relativ einfachen Umsetzbarkeit und der Tatsache, dass ich das gut vertrage belasse ich es dabei. Am Aufbau der zweiten Tempoeinheit pro Woche arbeite ich langsam.