Hölleneltern beim Linz-Marathon

Kinder werde an Armen gezerrt. Kinder weinen. Eltern lachen. Es ist die Hölle!

So stellt sich aktuell der Junior Marathon beim diesjährigen Linz Borealis Marathon dar. Grund ist ein Foto, dass erst die sozialen Medien und jetzt auch Zeitungen erreicht.

…bei manchen Eltern ist der Ehrgeiz doch ein bisschen zu groß… JUNIOR MARATHON LINZ 2016

Posted by Manfred Binder on Samstag, 2. April 2016

Da ist es, das hässliche Gesicht der bösen Leistungsgesellschaft. Übermotivierte Eltern zerren ihre Kleinkinder ins Ziel, anstatt sie zu trösten. Das ist es, was uns dieses Bild sagen möchte.

Menschen die den Bezug zu ihren Kindern verloren haben, Eltern die ihren Leistungsgedanken sogar schon auf Kleinkinder übertragen, Eltern denen das Ziel wichtiger ist als ihr Kind.

Ich interpretiere da jetzt einiges hinein, aber genau dafür wurde das Bild ja auch veröffentlicht.

Nun bin ich persönlich überhaupt kein Freund übermotivierter Sporteltern. Ich würde mir zwar auch wünschen, dass mein Sohn Spaß an den Hobbys hat, die ich so habe… aber den Gefallen tut er mir leider nicht. Laufen gefällt ihm nicht wirklich und beim Radfahren geht es so halb.

Mein Sohn ist auch den Bambini-Lauf beim Berlin Marathon mitgelaufen, ich hab ihn gefragt ob er sich anmelden möchte und er hat ja gesagt. Das war so lange OK, bis wir dann nach einigem warten vorne standen. Immerhin haben wir da schon 30-40 Minuten gewartet, klar das er mit 5 Jahren da wenig begeistert war so lange zu warten.

Ich hab ihn gebeten noch kurz zu warten, dann würde es losgehen. Er geht in den Startbereich, stellt sich rein, es geht los und er fängt das weinen an. Tolle Wurst. Da steh ich jetzt aussen, kann nichts tun und drin ist mein Sohn der auf einmal keine Lust mehr hat. Welches Bild hätte das wohl abgegeben?
Zum Glück hat er sich von Fridolin Flink noch motivieren lassen, er läuft die Runde locker mit, kommt ins Ziel, stolpert und schlägt sich das Knie auf.

Also nicht nur ein weinendes Kind im Start- nee auch noch im Zielbereich. Wie ich mich da gefühlt habe? KACKE! Total KACKE! Denn genau das wollte ich eigentlich nicht. Gerade wenn er sich doch schon für meinen Sport interessiert (und er ist ein Super Laufsport-Fan, jubeln und abklatschen ist genau sein Ding), sollte es gut laufen und nicht so.

Das Ergebnis war, dass er NIE WIEDER irgendwo mitlaufen will… Glücklicherweise hat er aber trotzdem 3 Tage lang die Medaillie um den Hals getragen und denkt darüber nach beim Tiergartenlauf vielleicht doch mitzulaufen.

Aber was will ich damit sagen? Ich finde dieses Foto einfach zu plakativ und ungerecht. Guckt man bei der Bilderagentur, gibt es für den Junior Marathon nur Bilder der Startaufstellung zu sehen. Glückliche Gesichter.

In der Außendarstellung nun dieses Foto. Wie objektiv ist das Fotos? Diese Frage treibt mich um. Das kleine Kinder (und die Läufer sind ja wirklich Minis) mal schnell auf die Nase fallen sollte allen Eltern bekannt sein. Vielleicht war es einfach ein ungünstiger Zeitpunkt und 3 Kinder straucheln zur gleichen Zeit.

Ohne weitere Bilder zu sehen, in denen klar wird, dass die Kinder bis zum Ziel geschleift werden, finde ich es einfach nur ungerecht den abgebildeten gegenüber. Vielleicht haben sich die Kinder gefangen, vielleicht sind die Eltern stehen geblieben, vielleicht wurden die Kindern richtig dolle getröstet. Wir wissen es nicht.

Wir blicken nur in die hässliche Fratze der Leistungsgesellschaft. Viel zu oft werden Läufer darauf reduziert. Genau deswegen kann und will ich dieses Geschehen nicht unkommentiert lassen. Elternfehlverhalten gibt es in so vielen Bereichen – vielleicht auch hier, aber wissen, können wir es mit dem Bild alleine einfach nicht.

P.S.: Über Twitter habe ich inzwischen einen Link auf eine andere Galerie des Junior Marathon bekommen, der mehr Einblicke liefert. Man sieht, nicht alles ist bei den Läufen eitel Sonnenschein und ein Kind landet auch mal auf der Nase, aber es ist auch nicht Standard Kinder über die Ziellinie zu schleifen. Hier für ein differenziertes Meinungsbild.

P.P.S.: Hier nochmal ein anderer Blick…ganz Wertungsfrei. Egal was man von Wettläufen mit 3-4jährigen hält, aber Bilder manipulieren eben stark unsere Meinung.

Bildquelle: www.foto-viertbauer.at

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10 Kommentare

  1. Die Macht der Bilder. Geheult wird immer. Schließlich sind es Kinder; das ist ihr Job. Natürlich gibt es bei fast jedem Bambini-Lauf übermotivierte Eltern, die nicht begriffen haben, worum es geht. Im Vergleich zu den Dramen, sie sich jedes Wochenende an der Seitenlinie von Dorfsportplätzen abspielen, scheint das aber wirklich harmlos zu ein. Und ich glaube nicht, dass einmal über die Linie zerren ausreicht, um Kindern den Spaß am Laufen zu nehmen. Dafür braucht es dann schon den Schulsport. ;-)

    • Danke für den Satz der mir beim schreiben tatsächlich durch den Kopf gegangen ist. Nämlich wie schädlich es denn nun für die Kinder ist wenn sie mal 40 Meter am Arm gezogen werden würden.

      Alle Eltern da draußen (ich auch) zerren ihr Kind mal hier oder da hinter sich her. Weil es nicht mitkommen will, weil es sonst überfahren wird oder 1h Wartezeit auf den nächsten Bus droht.

      Was das wohl wirklich mit der Motivationslage macht…Auch egal, wenn die Kinder dann eben keinen bock auf laufen haben ist es eben so. Viel wichtiger ist die Lektion die man wirklich vermitteln will…Kann ich mit dem Frust umgehen oder schmeiße ich hin…aber das entscheidet sich nicht an einem Sonntag morgen im April.

  2. Gibt es denn irgendeine Reaktion des Fotografen und/ oder eines Elternteils, Zuschauer anderen Mitläufern auf die Sekunden nach dieser Momentaufnahme?

    Im ersten Moment, und das gebe ich zu, war ich auch entsetzt über das Foto und dessen Aussagekraft. Aber es zeigt eben nur den Moment und nicht die Zeit danach. Eine „Gegendarstellung“ oder Reaktion, außer den SHITstorm, würde mich mal interessieren.

    • Der Fotograf hat seinen Job gemacht, er hatte ein gutes Gefühl für das Foto und hat es auf Facebook gestellt…Eben genau mit dem o.g. Text.

      Andere Fotos hab ich auch nicht gefunden weswegen der drang entstand genau diesen Beitrag zu schreiben.

  3. Nun ja, außer dem Fotografen war niemand von uns dabei. Er schreibt ja eindeutig von übermotivierten Eltern. Wenn er daraus eine große Story machen wollte, so ist ihm das gelungen.
    Was wäre passiert, wenn er als Bildunterschrift: „Runde Schuhe beim Bambinilauf“ oder „Die ersten waren bereits nach 10m ohne Puste“ gewählt hätte?

    Das Bild lässt nun mal grundsätzlich Freiheiten zur Interpretation und sicherlich wird hier und da mal ein Schnürsenkel am runden Schuh aufgegangen sein, aber dass Eltern ab und an etwas von Ihren Kindern verlangen, was sie selbst nicht mehr leisten können, ist doch ein alter Hut. Man muss sich nur mal Samstag morgens an den Rand eines Fußballkleinfeldes stellen und die End-30er-fast-Bundestrainer anhören. Wenn Fynn in der F-Jugend beim Umschaltspiel noch in der 4-er-Reihe verharrt, obwohl Papa doch die Vorzüge der Raute im Angriff lang und breit beim Playmobil-basteln durchkaute.

    Einige schleifen ihre Kinder halt dahin, wo sie gern gewesen wären. Das zeigt dieses Bild. Wahrscheinlich auch, weil man es sehen möchte.

    Auf der anderen Seite sieht man aber auch im Hintergrund die anderen Eltern, die in der Überzahl zu sein scheinen. Lachende Gesichter und eine orthopädisch unvorteilhafte, aber kindernahe Körperhaltung. Jeder entscheidet, was er hier sehen möchte..

    • Zum Thema Fußball habe ich persönlich so gar keinen Kontakt – ich war letztes Jahr mit meinem Kurz zu einer Hockey-Olympiade, quasi ein Hockey-Schnuppertraining (!) und dort habe ich auch schon das Gefühl gehabt, dass dort übertrieben wird.

      Eigentlich war das ganz locker, aber die Kinder die sich dann beim führen des Schlägers unglücklich angestellt habe, wurden teilweise von den Eltern „nachgeschult“, das fand ich schon schräg.

  4. ein Foto ist eben nur eine Momentaufnahme. Nicht mehr und nicht weniger. Das einige Eltern vllt zu ambitioniert mit ihren Kindern umgehen ist klar. Auf die Masse wird das aber wohl nicht zutreffen!

    • Das ist eine gute Zusammenfassung, vor allem ist es ganz sicher kein Laufsportproblem. Ich habe gerade noch eine andere Galerie dem Beitrag zugefügt, wo man sieht, dass es eben Ausnahmen sind … und das Kinder eben auch einfach mal auf die 12 fliegen.

  5. Ich teile Deine Meinung nur zum Teil, leider.
    Ich sehe durchaus einen Trend bei Eltern zum „Mein Haus- mein Auto – mein (in allen Bereichen hochbegabtes) Kind“.
    Und auch auf der von Dir verlinkten Bildergalerie sehe ich Viel Leistungsdruck. Kinder, die sich gegenseitig auf der Startlinie“foulen“, ein Kind, das auf dem Boden liegt und niemand hilft.

    Und dann Google doch mal nach der Ostereuer-Suchaktion der Süßwarenfirma PEZ in den USA (Der Spiegel: „Eltern außer Rand und Band“), es ist erschreckend, wie sich Eltern heute verhalten.

    Und dann glaube ich dem Fotografen, wenn er sagt, dass es keine Einzelfälle waren, die er da fotografiert hat.

    Und Dein Sohn? Lass ihn weinen, das vergisst er wieder. Aber gib ihm das Gefühl, dass Du stolz auf ihn bist. Ich erinnere mich an meinen Sohn, der als 10 – jähriger Bub bei einem 5K Lauf den ersten Platz seiner Alterklasse gemacht hat und dafür eine fette Glastrophäe bekam.
    Sie stand jahrelang direkt neben seinem Bett. Dieser Erfolg und ein paar weitere danach hatte ihn immer beflügelt. Und heute studiert er Sportwissenschaften.

    Ich habe ihm nie gesagt, dass er damals der einzige Teilnehmer seiner AK war …

  6. Ähnliche Gedanken hatte ich mir angesichts der Schlagzeilen auch gemacht: „warum zeigt man mir a) dieses Foto mit b) dieser Schlagzeile“?
    Eben: damit sich der Leser erregen möge.

    Ich habe mich dann erregt. Nicht über die Eltern, sondern über die leider allzu häufige Art der „Berichterstattung“. Aber nur kurz, denn auch das ist keine Erregung wert. :-)

    Ciao
    Harald

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