Maintal-Trail

Maintal-Trail 2014 – Weinberg ohne Schnecke

Es ist mal wieder einer dieser Tage. Wochenende – der Wecker klingelt um 5:30 Uhr. Wie immer brauche ich den Wecker eigentlich gar nicht, denn wenn ein Wettkampf ansteht, bekommt mein innerer Wecker das prima allein hin. Das klingt alles ganz einfach – war es aber nicht. Die letzten Tage hatte ich Stress ohne Ende – ich war stets zu müde zum laufen. Nachdem ich überhaupt unsicher war überhaupt zu starten, fasste ich den Plan den Rucksack wenigstens zu packen und den Wecker zu stellen, wenn ich auch am Morgen noch müde und schlapp bin, würde ich Zuhause bleiben. Also – Samstag 5:30 Uhr. Die Familie schläft und eine Vielzahl vernünftiger Bürger auch noch. Ich stehe auf, jammere mir selbst vor wie mir die Beine weh tun … ziehe es aber dennoch durch.

Es ist wieder so weit – das dritte mal dieses Jahr habe ich nur ein suboptimales Training parat. Neben meinen Halbmarathon im Frühling, der quasi der erste lange Lauf innerhalb von 4 Monaten war und dem Radmarathon kann ich auch für den Maintal-Trail ausser Höhenmetern in Österreich fast nichts vorzuweisen. Schon gar keine 27,7km denn so weit bin ich noch NIE (!) gelaufen.

Als ich mich für den Lauf angemeldet habe, war das eher eine Bauchentscheidung. Nah – Trail – Termin frei … das sind zwar gute Kriterien, aber wenn es die einzigen sind… naja lassen wir das.

Warum ich doch gestartet bin? Weil ich aus der blöden Angewohnheit hin und wieder untrainiert irgendwo an den Start zu gehen auch etwas positives gewinnen kann, lasse ich mich auch diesmal nicht vom Kopf beeinflussen. Es gibt stets 1000 Argumente gegen etwas, aber man braucht nur eines dafür.

Also: Kaffee, O-Saft, Toast mit Schokocreme und ab in’s Auto – immerhin sind gut 150km zu fahren.

Der schöne Mammon … oder Organisation & Co.

Die Startgebühr beim Maintal-Trail beträgt für die erste Anmeldewelle 27 EUR – also quasi 1 EUR pro Kilometer. Plus 5 EUR bis 1,5 Monate und dann plus 10 EUR. Wer sich nachmelden möchte zahlt 15 EUR. Da muss die Liebe zum Lauf aber schon groß sein, 42 EUR sind so oder so eine mächtige Stange Geld.

Der Lauf profitiert auf jeden Fall von den professionellen Veranstaltern des Stadtmarathon Würzburg. Das Veranstaltungsgelände ist gut erreichbar, Parkplätze sind in großer Menge vorhanden … wenn man ein paar Meter läuft, aber für Läufer sollte das OK sein. Schön wäre allerdings gewesen, den Weg vom Parkplatz zur Veranstaltung auszuschildern (wenn dem so war, hab ich nichts gesehen).

Die Startnummernausgabe war gut organisiert. Ich war allerdings etwas überrascht, dass ich einen Haftungsausschluss hätte mitbringen sollen. Auch die nochmalige Suche im eMail-Postfach brachte da nichts zu Tage. Man konnte den zwar auch vor Ort nochmals ausfüllen, nur wenn so etwas erwartet wird – sollte man das deutlicher machen. Im  Veitshöchheimer Sportheim gibt es Duschen und Umkleiden. Um’s Eck standen 4 Dixies … traumhafte Zustände, denn sie waren alle leer!

Maintal-Trail, Maintaltrail, Trailrunning, Veitshöchheim

Startbereich – Trailrunner sind ja so wahnsinnig entspannt!!

Ebenso gab es eine Taschenaufbewahrung und nochmals eine Toilette im Startbereich. Alles sehr großzugig. Einen Startbeutel gab es nicht. Was bekommt man sonst noch? Eine sehr gut ausgeschilderte Strecke. Ich musste mich nur zweimal wirklich versichern, das ich richtig bin. Ansonsten war die Strecke durchgängig geflattert, markiert oder beschildert. Die Straßenquerungen wurden eingewiesen und an unklaren Stellen standen noch Helfer. Dazu gab es auf der kleinen Strecke zwei Verpflegungsstationen mit allem was man sich wünschen kann (Wasser, Cola, Iso, Apfelschorle, Gummibärchen, Cracker, Salzstangen, Nüsse, gesalzene Gurken, Äpfel, Melone, Banane … und wahrsch. noch 2-3 Sachen mehr) – im Ziel gab es noch Kuchen und alkoholfreies Weizenbier und… das hat mich bei so einem Lauf auch gefreut – eine Finisher-Medaille. Zudem gab es ein Zieleinlauffoto … auch sehr nett. Also sagen wir die erste Meldewelle ist Preiswert – Nachmelden ist eindeutig zu teuer.

Mein Maintal-Trail

Maintal-Trail, Maintaltrail, Trailrunner, Startbogen

vor dem Start

Um kurz vor Neun ging es los, es wurde gebrieft … also hauptsächlich erläutert wie man die Strecke findet. Wieder mal musste ich feststellen, dass war alle irgendwie einen ähnlichen Knall haben – aber die einzelnen Ausprägungen locken unterschiedliche Menschen. Die Maintal-Trailer sind auf jeden Fall ein ziemlich cooler Haufen. Da stehen etwa 125 Leute auf einem Fussballplatz vor einem Starttor … reden, stehen, gucken. Ganz wenige wärmen sich auf – die meisten stehen wie eine Trailrunning-Eiche.

Natürlich möchte ich in der Masse nicht auffallen, also stehe ich auch besonders cool und regungslos herum. Allerdings mit einem anderen Grund. Da ich quasi nicht für so einen Lauf trainiert bin, möchte ich eigentlich jegliche Energie sparen. Vielleicht machen es die anderen ja ganz genau so und sind nicht cool sondern nur untrainiert??

Punkt 9:00 Uhr geht es los. Ich drücke meine Uhr ab – immerhin gibt es keine Nettozeitmessung, braucht man bei so wenig Leuten auch nicht. Da ich mich nicht aufgewärmt habe, lasse ich es die ersten Minuten auch erst mal vorsichtig angehen. Das einzige wirkliche Ziel ist ankommen. Netterweise geht es erst mal bergab – somit kann ich langsam die Betriebstemperatur steigern. Bis die Temperatur steigt dauert es nicht sehr lange, denn im Gegensatz zum Altmühltrail braucht man nicht lange warten bis man vom Feldweg auf den Singletrail wechselt. Auch wenn das Gelände noch gemässigt ist, der Untergrund fordert Konzentration.

An der fehlt es Anfangs noch etwas – wirklich schade, denn die ersten 10 Kilometer sind wirklich erstklassig. Singletrailanteil geschätzt 90% – ansonsten Feldwege und nur wenige Meter Waldautobahnen oder Asphalt. Nachdem ich mich einer Dreiergruppe angeschlossen habe, lief alles – auch ich – auf Autopilot. Ich trotte unkonzentriert hinter den anderen her, gucke weder auf die Strecke noch auf den Untergrund. Aber je länger ich laufe um so freier wird der Kopf – und damit auch die Beine. Noch vor dem ersten Verpflegungspunkt kann ich mich an einem langgezogenen Anstieg absetzen, direkt danach geht es abwärts und ich lasse die Handbremse noch etwas los. Ich werde warm – mir wird warm um’s Herz und ich laufe, laufe und laufe.

Nach der ersten Verpflegung lassen wir den Weinberg hinter uns, nach einer kurzen Strecke durch den Wald geht es weiter langsam aber stetig auf den höchsten Punkt der Strecke zu. Während ich hier Tempo aufnehmen kann beunruhigt mich etwas, das ich ein ungutes Stechen im Gluteus rechts verspüre. Trotz wieder etwas mehr angezogener Handbremse haben die Kilometer-Splits dennoch eine 5 vorne anstehen. Es geht über den höchsten Punkt der Strecke – auf dem sogar ein „Gipfelkreuz“ steht … wir reden hier von 320 m. ü. NN. Der Ausblick ist wirklich toll, dennoch ist die Strecke in diesem Bereich eher weniger Anspruchsvoll. Es geht auf weitläufigen Feldwegen am Hügelrücken langsam nach unten.


Mit meiner Laune geht es bergauf, mit der Strecke bergab. Ich nehme weiter Tempo auf und erwarte innerlich sehr zufrieden die Verpflegung bei Kilometer 20. Obwohl es vorher noch kräftig bergauf geht – ich gehe immerhin auch – habe ich mich nach vorne abgesetzt. Darum erlaube ich mir auch an der zweiten Verpflegung wieder 1-2 Minuten Pause. Danach laufe ich frisch los, überhole direkt einen Läufer der keine Pause gemacht habe und komme wieder in einen guten Rhythmus. Ab der zweiten VP wird die Strecke auch wieder deutlich anspruchsvoller. An beiden Achillessehnen zwickt und zwackt es immer wieder mal. Ich nehme etwas Druck heraus ohne wirklich Tempo zu verlieren. Letztlich bekomme ich es gut hin und schließe auf den nächsten Läufer auf. An einer kleinen Steigung huscht plötzlich ein Läufer an mir vorbei – der erste im Maintalultra-Trail. Darüber möchte ich gar nicht nachdenken. Der Läufer vor mir verliert an Tempo, also ziehe ich vorbei und erhöhe das Tempo.

Das nächste Teilstück laufe ich allein, was mich nach kurzer Zeit ratlos zurücklässt. Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Der Singletrail endet und ich finde nirgendwo eine Streckenmarkierung – einfach weil ich nach einem Weg gesucht habe. Der Weg geht aber quer durch den Wald. Hier ist höchste Aufmerksamkeit gefragt. Die Beine sind langsam ermüdet, die Augen sind oben um das Flatterband zu finden und die Richtung einzuhalten – hier merke ich mal wieder, das Trail- eben nicht Straßenlauf ist.

Dem Wald entkommen, geht es ein kurzes Stück durch eine Ortschaft. Mitten zwischen zwei Häusern stürzt man sich einen knackigen Downhill nach unten. Wenn es bergab geht, bin ich eigentlich alles andere als eine Memme, allerdings kachelt der Zweitplatzierte des Ultratrail just in dem Moment an mir vorbei. Etwas beruhigter, das es sich dabei um einen Menschen handelt, bin ich, als er am Gegenanstieg genauso wie ich nur noch geht … und das keinen Deut schneller. Wobei meine Beine inzwischen deutlichen Protest einlegen, der Anstieg ist so steil, das selbst zügiges gehen hart ist.

Inzwischen stehen die Kilometertafeln im 1KM Abstand und zählen nach unten. Am Anstieg angekommen sind es noch 4km. Es geht einen leichten Anstieg nach oben und plötzlich deuten sich schon wieder Krämpfe an. Ich muss zum ersten mal ausserhalb eines Anstiegs 3-4 Meter gehen. Als der Weg in den Wald abbiegt steigere ich wieder das Tempo und bekomme auch so das Geläuf in den Griff.

Gefährlich wird es 3km vor dem Ziel – dort fällt mir nämlich eine Eichel direkt auf den Kopf … deswegen muss man wohl ein Erste-Hilfe-Set mitführen. Überlebt habe ich es trotzdem. Vor mir sehe ich einen anderen Läufer an dem ich mich abwärts heranarbeite. Inzwischen ist mir klar, das ich Sub3 schaffen kann. Dafür, das ich ohne Ziel gestartet bin, kann ich damit sehr zufrieden sein. Wir zischen nochmals durchs Unterholz, bis mir die Wege bekannt vorkommen und wir Richtung Ziel abbiegen. Ich löse die Handbremse jetzt komplett und laufe den letzten Anstieg durch, obwohl der andere Läufer Tempo rausnimmt. Ja … verdammt … es tut weh – richtig! Aber ich denke an den Satz aus meinem Trainingsplan „Der Schmerz ist Dein Freund“. Während ich mir dieses Mantra weiterhin vorsage, kann ich das Ziel schon hören. Noch einen Kilometer – die Endorphine halten sich schon bereit. Mehr Tempoverschärfung ist nicht mehr drin, denn mir ist schon 700m vor dem Ziel übel … sicher ist sicher. Bei strahlenden Wetter laufe ich die letzte Kurve, biege auf den Sportplatz ein und habe handgestoppte 2 Stunden und 55 Minuten auf der Uhr.

Mein Fazit

Tja, was bleibt mir zu sagen? Es war toll – wirklich toll! Was hätte ich mich ärgern müssen, nicht gestartet zu sein. Was bin ich froh, den Autopilot überwunden zu haben, Tempo aufgenommen und zu Ende gelaufen. Wieder eine Grenze überwunden – neue Streckenlänge, neue maximale Höhenmeter. Das erste mal so lange auf Singletrails unterwegs – und wieder einmal die Grenze im Kopf überwunden. Dem inneren Nein-Sager mal wieder den Wind aus den Segeln genommen.

All das genieße ich, als ich auf dem Veitshöchheimer Fußballplatz in der Sonne liege, genüsslich ein Stuck Kuchen esse und dazu (das können wohl nur Ausdauersportler) ein alkoholfreies Weizen trinke. Ich bin einfach nur Happy – und so soll es sein, deswegen mache ich das. Während ich mich Morgens noch nach dem „warum?“ gefragt habe – habe ich wenige Stunden das „darum“ vor mir. Das schöne … um mich herum noch mehr äusserst zufriedene Gesichter.

Das Wetter ist inzwischen wunderbar sonnig und ich lasse mir erst mal kräftig Zeit, so lange bis mir kalt wird.

Mein Fazit für den Lauf fällt absolut positiv aus. Der wirkliche Trailanteil ist beim Maintal-Trail irgendwo zwischen 70-80% – dort wo es keine Singletrails gibt, läuft man entweder über Feldwege oder Wiesenstücke. Dort wo mal kein Trail zu finden ist, hat man wirklich nur kürzeste Anteile an Asphalt oder Waldautobahnen. Die Strecke ist äusserst attraktiv – sie ist abwechslungsreich gestaltet und hat einen tollen Rhythmus. Dazu die hervorragende Organisation und die toll markierte Strecke. Obwohl ich es vor wenigen Stunden nicht gedacht hätte, hat sich der Maintal-Trail direkt auf die „to-run“-Liste für 2015 katapultiert … und das schöne, durch den Ultratrail bleibt auch für die überüberübernächsten Jahre die Gelegenheit hier nochmals zu laufen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Lauf gut etabliert.

Nun gilt es sich gut zu regenerieren – von meinem Herbst-Highlight-Trio bleibt nur noch ein Ziel übrig … und das wird tatsächlich nur mit Training funktionieren. Eine grausame Vorstellung!

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