Mit dem Stadtlauf Nürnberg 2013 endet also meine erste richtige Wettkampfsaison nach gut 1,5 Jahren Laufsport – der mein unsportliches Dasein jäh beendet hat. 6 Wettläufe in 6 Monaten. Einmal ¼-Marathon, 3x 10k und 2x Halbmarathon, damit war meine Mission auch klar, die Bestzeit des Metropolmarathons musste weg. Immerhin muss ich ja vor mir und meiner Familie das Training rechtfertigen ;-). Aber keine Sorge … das Training war nicht für die Katz, das ein oder andere was ich mir vorgenommen habe leider schon.
Psychologie und Orange Trikots
Aber erst Mal eine andere Frage, warum denn gerade der Stadtlauf Nürnberg? In Läuferkreisen habe ich unterschwellig mitbekommen, dass so eine „Kommerzveranstaltung“ andere Laufveranstalten verhindere oder dass die „orangene Pest“ andere Stadtläufe verdrängt. Für mich typischer Kulturpessimismus … das früher nicht alles besser war, wissen wir ja nicht erst seit heute.
Eigentlich wollte ich in Hof starten. Der dortige Park & See Lauf findet am 05.10. statt, kostet sogar etwas weniger und wäre für mich mit einer kürzeren Anreise verbunden. Allerdings hat mich das Höhenprofil verschreckt und das Starterfeld ist kleiner. In meiner „Leistungsklasse“ laufe ich eben lieber mittendrin statt am Ende. Rein psychologisch, aber eigentlich der Grund für die Anmeldung beim Sportscheck Lauf. Einen anderen Grund habe ich schon in meinem letzten Blog dazu verraten – ich habe mir mit der 2-Runden-Strecke einfach eine bessere Zeit erhofft (wieder mal psychisch). Vielleicht sollte ich mir einen Sportpsychologen suchen? Aber dazu später noch mal mehr.
Stadtlauf Nürnberg 2013 – die Organisation
Der Stadtlauf Nürnberg 2013 wurde zum 18. mal ausgetragen. Das natürlich genau zum Start des Halbmarathons dem Starttor der Saft ergo die Luft ausgeht, hat ja keiner wissen können ;-)
So mussten die Helfer von Sportscheck und dem Mitorganisator T.S.V. Katzwang 1905 eben kurz dafür sorgen, dass die 2.669 Läufer überhaupt erst mal auf die Strecke kamen. Mit gut 7 Minuten Verspätung ging es dann aber doch noch gut los.
Allein daran erkennt man schon die Routine. Hier sind große Partner am Zug. BMW, Sportscheck und die DAK sind Hauptsponsoren der Stadtlauf-Serie. Es gibt natürlich eine Chipzeitmessung und das obligatorische Startershirt. Auf eine Startnummer wird beim Stadtlauf verzichtet. Aber vielleicht noch mal kurz einen Schritt weiter zurück.
Der Start der Stadtlauf Nürnberg 2013 lag vor dem schönen Opernhaus direkt auf dem Frauentorgraben. Das ist für alle gut, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchten. Direkt unter dem Start ist eine U-Bahn-Station und gut 500 Meter weiter der Hauptbahnhof. Da der Stadtlauf vom Bambini- über den Kinderlauf auch Distanzen von 6 und 10km beinhaltet ist ein großer Teil der Innenstadt (und damit übrigens auch einige Parkhäuser) fast den ganzen Tag vom Autoverkehr abgeschnitten. Dank Insiderwissen konnte ich gut einen Parkplatz finden, aber ganz so einfach ist das natürlich mitten in der Stadt nicht.
Die Startnummernausgabe … ähm Verzeihung … die Startlaufshirtausgabe ging recht zügig, denn neben dem orangenen Leibchen gab es NIX! Dafür habe ich 20 EUR bezahlt. Für einen Halbmarathon inklusive Shirt und der 1A Organisation kann man da nicht meckern, dafür mache ich mich auch freiwillige zur Litfaßsäule. Das Shirt ist ganz OK, ob ich das auffällige Teilchen auch beim Training trage… naja mal sehen.
Für den Lauf gab es drei Startblöcke, allerdings konnte die jeder betreten wie er wollte. Zudem gab es Pacer für 1:44 und 1:59. Auf der Strecke gab es drei Verpflegungspunkte auf der Runde. Die Zielverpflegung hinterher war wirklich reichlich. Dazu natürlich auch Kinderprogramm der Hauptsponsoren – das hat vor allem meinem 3-jährigen Sohn und meiner Frau gefallen.
Mein Halbmarathon
Wie immer, hatte ich vorher viel gerechnet und prognostizieren lassen. Prognosen sind ja so eine Sache, sie gehen von einem Optimum aus. Nicht nur das … ich habe mir auch tolle Vorsätze gefasst. Erste Runde langsam (Plan war 5:05) und auf der zweiten dann die Bremse lösen. Tja … hätte hätte Herrentoilette sag ich da nur.
Aber schalten wir mal zurück an die Startlinie. Wie schon erwähnt – mit sieben Minuten Verspätung überquere ich diese. Etwa 5 Läufer vor mir, läuft eine blonde End-Dreissigerin – eindeutig lauferfahren, offensichtlich genau mein Tempo. Sich hinter schnellen Frauen zu verschanzen ist eine prima Taktik. Zum einen muss man sich nicht vor seinem eigenen Testosteron fürchten – einen Mann überholt man eben doch schneller – zum anderen ist es auch eine Frage des Respekts. Für das Tempo muss die Dame eindeutig mehr leisten als ich. Allerdings hat sie dafür auch viel besser trainiert (aber das sah man schon am Start … letztlich war sie vor mir im Ziel).
Die Pace Blondine (PB!) läuft also als Orientierungspunkt in dem orangen Feld immer irgendwo 5-10 Meter vor mir. Das Feld ist wirklich groß und Anfangs lasse ich mich nicht groß mitreissen. Ich starte gut 20 Meter hinter den 1:44-Pacern … eigentlich richtig so. In dem Feld verzichte ich auf unnötige Überholmanöver und gehe das Blondinentempo mit. Es fühlt sich alles recht locker an, so locker, dass ich mich 100% auf die Anzeige des Garmin verlasse, anstatt die KM abzudrücken. Die Uhr zeigt nach 2km 4:58 … wow! Es geht über breite Straßen Richtung Wöhrder Wiesen und somit auf schmalere Wege. Die Strecke ist allerdings für die Menge gut geeignet – es wird nirgendwo richtig eng.
In der ersten Runde bin ich richtig gut drauf, ich verzichte auf Wasser, weil ich mich wirklich super fühle – ungefähr so lange, bis man vom Höhenniveau der Pegnitz zur Fußgängerzone muss. Nicht nur mein Höhenniveau steigt, nein die Höhenmeter nehmen meine Herzfrequenz einfach mit und ich habe – so zeigt mir die nachträgliche Auswertung – plötzlich Puls 180. Das war der Maximalpuls meines letzten 10ers! Inzwischen geht mir auch der Fehler auf, die Differenz zwischen Kilometertafeln und Garmin ist groß – fast 600 Meter zu dem Zeitpunkt … ich bin also viel schneller als die aktuell angezeigte Pace von 4:56. Vorsatz ade … von wegen, erste Runde locker angehen lassen. So genau kann ich leider aus meinen Daten die erste Rundenzeit nicht ablesen, Mika-Timing hat leider die Zwischenzeit auch nicht ausgewiesen, so oder so … mit einer 10er-PB von 4:53 war ich ZU SCHNELL unterwegs.
Die Quittung bekam ich ca. bei KM 14. Die Pace Blondine war schon gut 2 KM enteilt, dafür hatte ich eine neue Begleiterin. Die Übelkeit! Am nächsten Verpflegungspunkt hab ich mir ein Wasser geschnappt und es mit einer Gehpause ganz getrunken, hat etwas geholfen aber nicht viel. Schon nach dem Anlaufen spürte ich, dass die Pumpe auf Vollgas läuft und ich das Niveau nicht würde halten können. So schleppte ich mich die Strecke entlang, jedes abschüssige Stück nutzend den Puls runter zu kriegen. Auch bei der nächsten Verpflegung wieder Gehpause, diesmal recht lang. Hat aber etwas geholfen, allerdings war kein Tempo mehr drin.
An der Strecke stand eine gut gelaunte Dame mit dem Transparent „Denk dran, Du machst das alles freiwillig„. Innerlich musste ich sehr schmunzeln, äußerlich sah ich sicher aus wie Frankensteins Monster. Der erneute Aufstieg in die Stadt tat richtig weh, ich wollte grad den Schritt verlangsamen als von hinten ein anderer Läufer mich anfeuerte. OK, Steigung hochlaufen … Unterschenkel links verkrampft fast … und dann zum zweiten mal über das Kopfsteinpflaster. Hier sind viele Menschen und vor denen geb‘ ich mir nicht die Blöße gehen zu müssen. Ich sehe das Schild 20km und versuche alles zu geben, die Uhr macht mir klar, dass Sub110 noch möglich ist. Aber wie schon beim Metropolmarathon nehmen meine Beine keine Tempobefehle mehr entgegen – im Gegenteil sie kündigen einen Generalstreik an. Es geht abwärts in den Frauentorgraben, den Schwung nehme ich mit, allerdings reicht er nicht die Rampe vor der Zielgerade wieder nach oben. Wirklich das fieseste Streckenelement … ich quäle mich hoch, möchte zum Zielspurt ansetzen und lasse es bleiben. Die Gefahr ggf. vor anstatt hinter die Ziellinie zu kübeln ist mir zu hoch.
Ich stoppe per Hand verflixte 1:50:18, offiziell 1:50:14 … und ich fühle mich so elend wie schon lange nicht mehr. Nur in Trance habe ich auf der Zielgerade meine Frau und meinen Sohn gesehen die mich angefeuert haben, immerhin bin ich froh, dass sie relativ schnell am Treffpunkt sind. Es ist windig und kalt und ich bin froh mich schnell umziehen zu können. Das war wirklich eine harte Nummer. Dafür habe ich aber immerhin mein Ziel „mittelmässig“ zu sein erreicht – ich bin nicht nur im zweiten Drittel gelandet sondern auch in der ersten Hälfte. Man sieht… ich bin bescheiden ;-). Allerdings zeigt es auch deutlich, dass ich auf der HM-Distanz deutlich stärker bin als auf dem 10er … wenigstens im Vergleich zum durchschnittlichen Starterfeld.
Stadtlauf Nürnberg 2013 – mein Fazit
Das Fazit zu meiner ersten Laufsaison reiche ich noch separat nach, dazu gibt es einfach zu viele Eindrücke die ich die letzten 6 Monate gesammelt habe, der Stadtlauf Nürnberg 2013 war für mich letztlich doch gelungen.
Auch wenn es mir noch einige Stunden nicht gut ging, letztlich ist die Verbesserung der Halbmarathonzeit um 8 Min. 13 Sek. oder ca. 7% für jemanden der so laufjung ist wie mich kein Wunder, aber dennoch eine gute Leistung. Zudem trainiere ich ja keineswegs spezifisch und vor allem nicht auf bestimmte Läufe hin, das wird sich nächstes Jahr ändern.
Meine Erwartungen an die 2-Runden-Strecke sind … naja … eher durch eigene Fehler nicht realisiert worden. Morgens wollte ich mir noch eine Marschtabelle mitnehmen, allerdings habe ich es im Trubel vergessen. Wieder eines der vielen Dinge die ich mit jedem neuen Wettkampf lerne – aber lernen allein bringt es eben nicht, man muss es noch umsetzen.
Etwas das ich noch gelernt habe, sieht man auf einem Bild der Zielgerade. Ein Bild das zum Glück verschwommen ist, aber Bände spricht. Seine Message ist klar: „Siehst Du jetzt, was passiert, wenn Du 4 Monate lang keine Rumpfstabiübungen mehr machst!„. Dieser deutliche Schuss vor den Bug ist angekommen – einfach schrecklich. Use it or loose it – und genau so ist passiert … die mühsam antrainierte Rumpfstabilität ist meiner Sommerfaulheit zum Opfer gefallen. Das wird über den Winter ganz sicher wieder anders.
Also, wieder etwas über mich und meine Wettkampf-Lauferei gelernt. Ein toll organisierter Lauf, Bestzeit „pulverisiert“ aber aufgrund o.g. Punkte unter den Möglichkeiten geblieben. Das ganze für einen moderaten Preis und für mich gut erreichbar. Ich kann mir gut vorstellen, wenn es passt, hier den HM noch mal zu laufen. Die anderen Distanzen wären eher uninteressant und sind sicher in meiner Leistungsklasse gut überfüllt – aber der HM hat so wie er war gut gepasst.
Und jetzt… Regeneration, denn heute war eindeutig der härteste Lauf meiner ersten Saison.
Hallo Daniel,
das liest sich wie ein harter Lauf. Aber Wahnsinn – von solchen Zeiten träume ich nur. Gratuliere Dir aufrichtig zur neuen Bestzeit – besser kann man die offizielle Laufsaison doch gar nicht ausklingen lassen?
Wow – ich bin schon gespannt, was wir in der nächsten Saison noch alles von Dir lesen werden!!!
Viele Grüße,
Thomas
Hi Thomas,
danke – die nächste Saison rumort mir ja schon im Kopf herum, vor allem weil ich einen Hauptlauf schon vor einiger Zeit gebucht habe. Ich werde auf jeden Fall nicht wie dieses Jahr überall versuchen volle Pulle zu laufen, aber mal sehen wie es sich mit diesem Vorsatz verhält :-D
VG
Daniel
Hallo,
sehr schöner Artikel und super Entwicklung. Weiter so :-).
Lustig das du den Lauf in Hof ansprichst und schreibst das dir das Höhenprofil „Angst“ gemacht hat. Ich hatte die Befürchtung auch erst aber bin, da es nicht anders ging, gestern von Jena nach Hof gefahren und bin dort den HM gelaufen. Kann ich nur empfehlen und eigentlich ist nur der Anstieg zum Ziel anstrengend. Der Rest war schön flach. Wirklich toller Lauf in Hof.
Ich werde hier weiter verfolgen :-)
Grüße
Ja hinterher ist man immer schlauer, der HM in Nürnberg hat letztlich doch 70HM und eben die gemeinen 2 Rampen die man dann auch 2x laufen darf – ich glaube da hätte ich lieber einen Endanstieg in Kauf genommen ;-)
VG
Daniel